Dieser Text stammt aus dem März 2012 – es gibt ausdrücklich keinen Bezug zu meiner aktuellen Schule! 🙂
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Ich habe sie gefunden, meine absolute Anti-Kollegin. Den Verdacht, dass sie es sein könnte, hatte ich schon seit einigen Wochen, jetzt aber bin ich mir gewiss! Diese Dame verkörpert genau den Lehrertyp, der (so meine ich zumindest) die Schule für viele junge Menschen zu einem Ort der Qual macht. Ich habe ehrlich nicht geglaubt, dass es so etwas wirklich gibt – vielleicht sollte ich mich bei einem Teil des derstandard.at-Forums entschuldigen?
Wie verlief das nicht ganz freiwillige Outing besagter Person? Es kam schrittweise. Vor ein paar Wochen “belauschte” ich ein Brüllduell im Konferenzzimmer, bei dem es darum ging, dass diese Kollegin, nennen wir sie einfach “Prof. S.”, für eine andere Kollegin, die gerade einen nahen Verwandten verloren, sich um dessen Begräbnis gekümmert hatte und diesem auch beiwohnen wollte, supplierend einspringen sollte. Ihr Schlusssatz in dieser Diskussion lautete wörtlich und nicht im Scherz, sondern in tiefster Wut rausgebrüllt: “Wenn deine Verwandtschaft Anstand hätte, würde sie in den Ferien sterben! Mein Onkel ist auch im August letzten Jahres gestorben, ich hab keinen Urlaub für sein Begräbnis gebraucht!”
Man wird verstehen, dass ich aufgrund einer dermaßen geballt auftretenden Mischung aus Dummheit, Boshaftigkeit und Unmenschlichkeit leichte Zweifel an Frau Prof. S. entwickelte. Mein Gesichtsausdruck dürfte in diesem Moment wohl frappant an einen Karpfen erinnert haben.
Heute Morgen kam dann die nächste Stufe ihres Coming-Outs: Im Gespräch mit einem Kollegen führte sie aus, dass sie davon überzeugt sei, dass viele ihrer aktuellen Maturanten weder Uni noch Berufsleben meistern würden, da sie viel zu unreif wären. Wenn sie nicht bald erwachsen würden, hätten sie keine Chance. Auch wenn die Leistung passen würde, bei dem Umfeld würden sie in jeder Firma sofort gekündigt – und auf der Uni würde es niemanden interessieren, wenn ein Student einmal krank sei oder ähnliches. Außerdem wäre es ihr völlig egal, wenn ihre Schüler etwas nicht verstehen würden. Dann müssten sie es halt nochmals durchlesen und nochmals und nochmals. Irgendwann würden sie es schon begreifen.
In diesem Moment war ich Gott sei Dank mit meinen Schularbeitsvorbereitungen fertig und konnte den Raum verlassen. Beim Hinausgehen dankte ich innerlich meinen eigenen Lehrern, dass sie nicht so waren wie Kollegin. S. – ich hätte bis heute vermutlich keine Matura. Ich war auch ganz sicher nicht erwachsen, als ich zu studieren begonnen habe. Und ich bin froh darüber, nur so konnte ich diese schöne Zeit genießen. (Vermutlich hat Frau S. das nicht getan und sich deshalb so entwickelt…) Ach ja, mein Studium habe ich trotzdem abgeschlossen. Nicht in Mindestzeit, aber dafür habe ich neben der fachlichen Ausbildung noch Zeit dafür gehabt, mich als Mensch zu entwickeln – und das ist doch eigentlich “erwachsen werden”.
Ich weiß jetzt, wie ich niemals werden will, dafür bin ich Frau Prof. S. dankbar. Sie hat mir ein verabscheungswürdiges Beispiel geboten – vielleicht ist sie gar keine echte Lehrerin, sondern eine Schauspielerin, die engagiert wurde, um die Einstellung von Junglehrern zu beeinflussen. Ich hoffe es für sie, dann wäre sie in ihrem Beruf sicher wesentlich erfolgreicher als jetzt.